Kennwort: Schwarzer Ritter by Christiane Heggan

Kennwort: Schwarzer Ritter by Christiane Heggan

Autor:Christiane Heggan [Heggan, Christiane]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: MIRA Taschenbuch
veröffentlicht: 2012-12-18T23:00:00+00:00


20. KAPITEL

Kate saß im Wohnzimmer und trank eine letzte Tasse Kamillentee. Sie trug ihren Frotteebademantel und ihre flauschigen Pantoffeln. Ihre Muskeln schmerzten vor Müdigkeit. Sie war sicher gewesen, dass sie vor Erschöpfung zusammenbrechen würde, nachdem Mitch gegangen war. Aber als sie nun allein war, fühlte sie sich zu aufgedreht, um schlafen zu gehen.

Die Ereignisse der vergangenen fünf Stunden gingen ihr wieder und wieder durch den Kopf. Sie wusste inzwischen, dass die Frau eine Touristin aus Osaka in Japan war und Washington im Rahmen einer organisierten Tour besucht hatte. Sie hieß Kyoko Magasa. Sie war 33, ledig und arbeitete in einem Reisebüro. Ihre Eltern waren bereits verständigt worden.

Wie schnell alles ging, dachte Kate zum hundertsten Mal. Ein kurzer Moment, in der Schwebe gehalten, in Zeitlupe – und dann war alles vorbei. Sie glaubte nicht, dass sie jemals das Bild von der schreienden Frau aus ihrem Gedächtnis würde verdrängen können.

Ein lautes Klopfen an der Haustür riss sie aus ihren Gedanken. Kate stand auf und ging über den Flur. „Wer ist da?“ rief sie.

„Eric.“

Oh Gott. Sie schloss die Augen. Obwohl sie Rose versprochen hatte, ihn anzurufen, hatte sie es vollkommen vergessen. Seinem Klopfen und dem scharfen Klang seiner Stimme nach zu urteilen, hatte er die Nachricht erfahren. Sie wappnete sich für eine Flut von Vorwürfen, holte einmal tief Luft und öffnete die Tür. „Guten Abend, Eric.“

Statt ihren Gruß zu erwidern, stürmte er in den Flur und begann, sie wütend zu beschimpfen. „Warum hast du mich nicht angerufen? Warum muss ich von einem Fernsehreporter erfahren, dass meine Tochter heute Abend beinahe getötet worden wäre?“

„Bitte schrei nicht so. Alison schläft.“ Sie schloss die Tür. „Ich wollte dich anrufen, aber hier war es furchtbar hektisch. Dieser Unfall …“

„Das war kein Unfall, Kate. Das war ein Versuch, dich umzubringen.“

Sie sah ihn aus großen Augen an. „Du bist verrückt.“

„Glaubst du?“ Ruckartig bewegte er den Kopf hin und her, wie es seine Angewohnheit war, wenn er auf seiner Meinung bestand. „Und warum ist der Mann, den Alison gesehen hat, geflohen?“

„Vermutlich hatte er Angst.“

Eigensinnig schüttelte Eric den Kopf. „Nein. Ich habe die Aussage von einem der Zeugen gehört. Er hat gesagt, dass die Schieberei angefangen hat, als der Mann im schwarzen Anorak sich nach vorne drängelte – wo du gestanden hast, Kate.“

Sie hatte diese Aussage auch gehört. „Er war nur ein rüpelhafter Fahrgast, der als Erster im Zug sein wollte. In Wahrheit weiß doch keiner, wie die Drängelei wirklich begonnen hat.“

„Und wenn ich doch Recht habe? Wenn der Mann hinter dir her war?“

„Um Himmels willen, sei endlich still.“ Mit einer Hand packte sie ihn am Ärmel und zog ihn in die Küche, damit seine Stimme nicht bis in Alisons Zimmer drang. „Niemand ist hinter mir her.“

„Meine Tochter hätte beinahe unter diesem Zug gelegen. Sag mir bloß nicht, dass du nicht auch daran gedacht hast.“

„Sie ist auch meine Tochter. Und natürlich habe ich daran gedacht. Warum, glaubst du wohl, bin ich noch wach? Aber es hatte nichts mit mir zu tun. Ich wiederhole, es war ein Unfall. Die Union Station ist eine der verkehrsreichsten U-Bahn-Stationen in Washington.



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